Schüler werden vom Zuhörer zum Gestalter

14. Januar 2020Allgemein, Bildungsangebote, Personen

Dr. Nadine Tiggelbeck unterrichtet als Lehrerin am Gymnasium Damme – und lehrt an der Universität Osnabrück

Interview von Klaus-Peter Lammert (OV, 24.12.2019)

Seit 2016 arbeitet das Gymnasium Damme mit der Universität Osnabrück im Bereich Geografie zusammen. Immer wieder halten sich Studentinnen und Studenten im Rahmen ihres Studiums in Damme auf und arbeiten mit den Gymnasiasten. Dr. Nadine Tiggelbeck, Lehrerin am Gymnasium und Dozentin an der Universität, sieht für beide Partner große Vorteile.

Das Dammer Gymnasium kooperiert mit der Universität Osnabrück. Wie ist es dazu gekommen?

Im Rahmen einer Masterarbeit zum Thema außerschulische Lernstandorte bin ich 2016 in Kontakt mit der betreuenden Professorin, Frau Professor Dr. Miriam Kuckuck, gekommen. Aus dieser Begegnung heraus ist meine Lehrtätigkeit am Institut für Geografie gewachsen. Zunächst war ich mit vier Wochenstunden abgeordnet. Ich habe anfangs in Kooperation mit der Professorin zwei didaktische Seminare je Semester vorbereitet und durchgeführt. Nach zwei Semestern habe ich dann eigenverantwortlich Lehre gegeben. Weil Frau Kuckuck einen Ruf nach Wuppertal bekam, bin ich seit einem Jahr mit einer halben Stelle an dem Institut als Verantwortliche für den Bereich Fachdidaktik eigenständig tätig und halte neben den Seminaren auch die Vorlesung „Einführung in die Geografiedidaktik“.

Warum hat die Schule diese Kooperation angestrebt?

Unser Schulleiter, Ludger Kässens, ist an einem intensiven Austausch mit der Universität sehr interessiert, beispielsweise um unseren Schülern Einblick in wissenschaftliches Arbeiten und das Studieren allgemein zu ermöglichen. Die Dammer Schüler lernen durch die Studenten aus erster Hand, in selbstgesteuerten Lernprozessen wissenschaftliche Geografiemethoden kennen und anzuwenden. Auch für die Fachgruppe Erdkunde sind neue Formen der Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung, weil sie Schlüsselkompetenzen der der Arbeitswelt der Zukunft darstellen.

Nennen Sie bitte Beispiele.

Ich erforsche mit den Studenten im Seminar „Exkursionsdidaktik“ neue methodische Formen des Lernens in außerschulischen Lernumgebungen. Die geografischen Inhalte werden dann konkret mit einer Lerngruppe unserer Schule auf einer Exkursion durchgeführt, sodass die Schüler eine Anwendung geografischer Arbeitsweisen erfahren und gemeinsam mit den Studenten außerschulische Lernräume erschließen.

Das bedeutet konkret?

Unsere Schüler haben zum Beispiel bereits Fließgeschwindigkeitsbestimmungen der Hase durchgeführt und Wasserproben ausgewertet, Kartierungen zum Thema Gentrifizierung im Katharinenviertel in Osnabrück vorgenommen, Lärm- und Feinstaubmessungen getätigt, eigenständig Interviews protokolliert und die Ergebnisse wissenschaftlich ausgewertet. Ferner wurde am Standort Piesberg in Osnabrück eine „Zeitreise“ ins Erdzeitalter Karbon vor zirka 300 Millionen Jahren für die Schüler des Gymnasiums angeboten sowie eine mittelalterliche Spurensuche in der Altstadt erlebt.

Was sind neue Exkursionsmethoden?

Sie werden als Arbeitsexkursionen bezeichnet, weil sie die Schüler aktiv in den Ablauf der einzelnen Exkursionsschritte einbinden. Es werden multiperspektivische Lernprozesse durchgeführt, die den Schüler zum Gestalter und nicht zum Zuhörer machen. Dies ist moderne Geografiedidaktik. Die Motivation auf Seiten der Schüler ist daher sehr hoch. Sie arbeiten einerseits mit modernen, digitalen Medien wie Tablets oder Handys. Andererseits stellen die Studenten eine Identifikationsmöglichkeit aufgrund des nicht allzu großen Altersunterschiedes dar und eröffnen mögliche Perspektiven für unsere Schüler.

Sie sind dann quasi die Schnittstelle zwischen Schülern und Studenten?

Ja, und das ist auch besonders spannend, weil ich zunächst die wissenschaftliche Grundlage in den Seminaren für die Studenten lege, dann mit ihnen eine Exkursion gemeinsam vorbereite, welche an unseren Schülern evaluiert wird. Dies bringt bei den Master-Studenten ein sehr hohes Maß an Motivation hervor, weil sie im doch sehr theorielastigen Uni-Alltag somit als angehende Lehramtsanwärter die seltene Möglichkeit haben, mit Schülern praktisch zu arbeiten. Die Studenten bekommen ein unverblümtes Feedback zu ihrer Arbeit.

Findet die Kooperation zwischen Gymnasium und Universität auch auf anderen Ebenen außer den Exkursionen statt?

Ja, da zu meinem Aufgabenbereich an der Universität auch die Betreuung von Bachelor- und Masterarbeiten gehört, haben zwei Studentinnen mit einem Masterarbeitsschwerpunkt in der Geografiedidaktik ihre theoretischen wissenschaftlichen Ergebnisse an jeweils zwei Lerngruppen des Gymnasiums untersucht.

Womit befassten sich die Arbeiten?

Zum einen wurde ein Lernpfad zum Thema „Spuren der Eiszeit in den Dammer Bergen“ erstellt, zum anderen waren Schüler dem Klimawandel im Hinblick auf das Waldsterben in Kroge auf der Spur. Im Rahmen des Seminars „Vorbereitung auf das Fachpraktikum“, das ich ebenfalls halte, haben Studenten bereits häufiger die Möglichkeit wahrgenommen, ihre vorbereiteten Unterrichtsstunden am Gymnasium zu halten. Das ist sehr im Sinne der Universität, weil den Lehramtsstudenten praktische Unterrichtserfahrungen ermöglicht werden. Sie üben, Unterrichtseinheiten zu planen und Stunden umzusetzen. Weiter wurden Schulbücher im Rahmen von Masterarbeiten untersucht. Die Ergebnisse nutzt die Fachgruppe ebenfalls.

Und das Gymnasium profitiert, weil es für sich unter den Studenten frühzeitig werben kann?

Klar rückt durch den persönlichen Kontakt der ein oder andere Lehramtsanwärter in unseren Fokus, von dem wir hoffen, dass er sich nach dem Referendariat für unser Gymnasium entscheidet. Außerdem profitiert die gesamte Fachgruppe Erdkunde des Gymnasiums, weil die Ausarbeitungen der Studenten, die sich auf höchstem Niveau befinden, als Materialpool allen Lehrenden zur Verfügung stehen. Folglich modernisiert sich der Erdkundeunterricht an unserem Gymnasium im Allgemeinen.

Zur Person
• Dr. Nadine Tiggelbeck ist 43 Jahre alt. Seit 2005 ist sie am Dammer Gymnasium tätig.
• Sie unterrichtet die Fächer Deutsch, Erdkunde und Darstellendes Spiel.
• Die Pädagogin ist die Verantwortliche für den Bereich Fachdidaktik am Institut für Geografie der Universität Osnabrück.

 

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