Biologische Exkursion der Kurse BI11 und BI12 zur Biologischen Station Haseniederung – oder einfach: NASS!

15. September 2023Allgemein, Bildungsangebote, MINT, Schülerergebnisse

Es ist 3:34 Uhr. In knapp 4 ½ Stunden geht die abiturrelevante Freilandexkursion meines Oberstufenkurses BI12 zum Thema „Fließgewässer“ los. Geweckt hat mich der wolkenbruchartige Regen, der in tosender Lautstärke niedergeht. Es ist die Nacht nach dem heftigen Gewitter am Ende der Hitzewelle im September. Mit Herzklopfen blicke ich auf die Wetter-App, die mich nur selten (Spoiler: Nun einmal mehr…) im Stich gelassen hat: Um kurz vor acht der letzte kurze, nur noch leichte Schauer, dann wird’s besser. Erleichtert atme ich auf.
Unter wolkenverhangenem aber größtenteils trockenem Himmel mache ich mich auf den Weg. Wie vorhergesagt hat der Regen nachgelassen bis auf kleinere Schauer. Meine größte Sorge ist: „Ob sie es wohl auch alle finden? Hoffentlich sind sie pünktlich!“ (Spoiler: Ja, waren sie natürlich – und das sollte sowieso bald meine kleinste Sorge sein). Ich überquere die Hase an einer Stelle, an der sie sonst recht flach ist und friedlich plätschernd eine kleine Stufe hinabfällt. Schon von weitem höre ich heute ein wahres Tosen. Der Fluss, den ich überquere, hat nicht mehr viel mit dem kleinen Bächlein zu tun, das ich hier erwartet hatte.
Oooooh! Das kann ja heiter werden – schließlich sollten meine Schüler nur einige Kilometer weiter durch einen – normalerweise ebenfalls – flachen und friedlich fließenden Bach waten, um nach Bioindikatoren zu fischen (das sind kleine Wasserorganismen, die die Bestimmung der Gewässergüte zulassen). Ich erinnere mich an die letzte Stunde: Hatte einer meiner Spitzensportler da nicht noch kundgetan, er könnte nicht schwimmen? Ich sehe mich vor meinem geistigen Auge schon rettungsringschwingend am Ufer stehen, um ihn aus reißenden Fluten zu retten. (Spoiler: Die „Ueffelner Aue“ war fast so friedlich wie eh und je, schwimmen kann er doch und ich musste niemanden retten.)
Pünktlich um acht begann unser Kursleiter von der Biologischen Station bei leichtem Nieselregen (die Wetterapp behielt Recht), meiner vollständig versammelten und interessiert zuhörenden Mannschaft die theoretischen Grundlagen näher zu bringen und schon kurze Zeit später ging es mit Gummistiefeln und Sieben bewaffnet los zur Ueffelner Aue, einige hundert Meter von der Biologischen Station entfernt. Noch war ich zuversichtlich: Der Regen hört bald auf.
Tat er nicht. Nachdem die geographischen Gegebenheiten rund um das Flüsschen aufgenommen worden waren, wurde das Wasser nach Kleinstorganismen durchsiebt. Berührungsängste hatte mein gesamter Kurs offensichtlich nicht: Den einen lief das Flusswasser oben in die Gummistiefel hinein, die nächsten steckten bis zu den Ellenbogen zwischen Seegras und Wasserpest. So kam innerhalb kürzester Zeit eine beträchtliche Ausbeute an verschiedensten Tieren zusammen, die vorsichtig in die mit Flusswasser gefüllten Plastikgefäße gesetzt wurden, um sie später in aller Ruhe bestimmen zu können. Entgegen der Wettervorhersage war der Regen nicht abgerissen – und spätestens ab jetzt versagte meine App vollständig: Die Hölle brach los.
Aus dem Landregen, den wir alle stillschweigend ertragen hatten (die meisten meiner Schüler waren ebenfalls zu Wetterappopfern geworden und hatten keinerlei Regenbekleidung, zum Teil nicht einmal Pullis dabei) wurde ein Wolkenbruch, der meinem nächtlichen Regen im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser reichen konnte. Selbst einzelne Regenjacken quittierten den Dienst. Wir traten die Flucht an. Immerhin ist niemand ins Wasser gefallen. „Wäre jetzt aber auch egal!“ stellten sie – trotz allem noch lachend – auf dem Rückweg fest.
„Gut, dass sie sich alle umziehen können“, dachte ich – schließlich hatte ich dringlichst darauf hingewiesen, Wechselkleidung und sogar ein Handtuch mitzubringen (eigentlich aus anderen Gründen als aus Angst vor Sturzbächen von oben). Aber wer hört schon auf Lehrer?! Das waren die wenigsten. Sie konnten nun weitgehend trocken den Rest des Kurstages verfolgen, die meisten aber mussten in ihrer völlig durchnässten Kleidung ausharren. Und das, obwohl Herr Schleußinger mit seinem Kurs BI11 bereits am Vortag nass geworden war, was sich zwar unter den Schülern herumgesprochen hatte, aber nicht als Warnung verstanden worden war. Noch einmal ein riesiges Lob an meinen gesamten Kurs: Auch diese Widrigkeit wurde mit stoischer Ruhe und ohne Murren ertragen. Selbst mein in einem besonders nassen Fall ausgesprochenes Angebot, den Kurs abzubrechen und nach Hause zu fahren, wurde abgelehnt.
Mit digitalen Mikroskopen, die die Organismen in beträchtlicher Vergrößerung auf einem kleinen Bildschirm präsentierten, wurden Wasserflöhe, kleine Wasserschnecken und viele weitere Tiere bestimmt. Nur den Laubfrosch, der uns am Ufer ins Sieb gegangen war, hatten wir nach kurzer Betrachtung dort zurückgelassen, wo wir ihn gefunden hatten. Mithilfe komplexer Tabellen konnte anhand des Vorkommens der verschiedenen Arten die Gewässergüte der Ueffelner Aue bestimmt werden. Chemische Analysen zum Nitrat-, Nitrit- und Sauerstoffgehalt sowie zum pH-Wert rundeten das Ergebnis ab.
Das Fazit des Kurses war trotz der Umstände durchweg positiv: Endlich einmal wieder etwas Praktisches im Unterricht zu machen, hat allen besser gefallen als die sonst eher übliche Arbeit mit den Büchern.

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