Expertengespräch mit Björn Nölte zur Schule ohne Noten

19. Dezember 2024Allgemein, Bildungsangebote

​Am 18. Dezember hatte der Seminarfachkurs von Frau Suerkamp die Gelegenheit, sich in einem digitalen Expertengespräch mit Björn Nölte, dem Co-Autor des Buches „Schule ohne Noten – Neue Wege zum Umgang mit Lernen und Leistung„, auszutauschen. Das Seminarfach trägt den Titel „Schule der Zukunft -Zukunft der Schule“ und widmet sich der Frage, wie Bildung innovativer und zeitgemäßer gestaltet werden kann. Im Vorfeld hatten die Schüler*innen Mini-Facharbeiten zum Thema „Schule ohne Noten“ geschrieben, die als Grundlage für die Diskussion mit Nölte dienten.

Björn Nölte erwies sich als äußerst angenehmer Gesprächspartner, der sich aufmerksam und einfühlsam auf die Fragen der Schüler*innen einließ. Er ging auf jedes Thema detailliert ein und zeigte großes Interesse an den Perspektiven der Jugendlichen. Die Schüler*innen hatten im Vorfeld eine Vielzahl von Fragen vorbereitet, die sie im Gespräch mit Nölte behandelten.

Im Zentrum des Gesprächs stand die Frage, wie Schüler*innen in einer Schule ohne Noten beurteilt werden könnten und welche Alternativen zum klassischen Notensystem existieren. Nölte stellte verschiedene Modelle vor, wie etwa schriftliches Feedback, begleitende Entwicklungsgespräche oder Portfolios, die eine individuellere und transparentere Leistungsbewertung ermöglichen würden. Dabei hob er hervor, dass solche Systeme den Schüler*innen mehr Orientierung bieten und gleichzeitig ihre Entwicklung besser fördern könnten. Er verknüpfte seine theoretischen Gedanken immer wieder mit praktischen Beispielen.

Ein weiteres wichtiges Thema war die Frage, wie Bewerbungen für Ausbildung und Studienplätze in einer Zukunft ohne Noten aussehen könnten. Nölte betonte, dass es bereits Ansätze gebe, die nicht auf Noten basieren, wie etwa Bewerbungsgespräche, Eignungstests oder Assessments. Diese könnten in Zukunft eine größere Rolle spielen, da sie ein umfassenderes Bild von den Fähigkeiten und Potenzialen der Bewerber*innen vermitteln würden.

Die Schüler*innen interessierte auch, in welchen Schulformen und Altersklassen das System ohne Noten bereits erprobt wurde. Nölte berichtete von ersten erfolgreichen Modellen in freien Schulen und Grundschulen, in denen bereits auf Noten verzichtet wird. In diesen Schulen beobachteten Pädagog*innen eine gesteigerte Motivation und weniger Stress bei den Schüler*innen. Die Erfolge dieser Schulformen könnten als Inspiration für eine breitere Umsetzung in anderen Bildungseinrichtungen dienen. Auch das Konzept des FREIday kam zur Sprache.

Die Frage nach den Vorteilen und möglichen Nachteilen eines notenfreien Systems stand ebenfalls im Raum. Nölte erklärte, dass eine Schule ohne Noten die intrinsische Motivation der Schüler*innen fördere und ihnen helfe, sich ohne den ständigen Druck von Bewertungen zu entfalten. Auf der anderen Seite sei es aber notwendig, alternative Bewertungsmechanismen zu entwickeln, um den Schüler*innen weiterhin Orientierung und Rückmeldung zu ihrer Leistung zu geben. Hier nannte er unter anderen das Konzept von „pass or fail“, wie es in breiten Teilen der USA Anwendung findet.

Ein zentraler Punkt in der Diskussion war auch die gesellschaftliche Akzeptanz eines Systems ohne Noten. Nölte räumte ein, dass die Umsetzung einer Schule ohne Noten in der breiten Gesellschaft eine große Herausforderung darstellen würde, da Noten als objektives Maß für Leistung und Vergleichbarkeit tief in der Kultur verankert seien. Trotzdem plädierte er für einen schrittweisen Wandel und eine kontinuierliche Aufklärung über die Vorteile alternativer Bewertungssysteme.

Abschließend betonten die Schüler*innen ihre gemischten Gefühle zu einem System ohne Noten. Wenige äußerten Bedenken, dass ein solches System die Schülerinnen nicht ausreichend motivieren könnte und sie das Gefühl einer Belohnung durch Noten vermissen würden. Andere Schüler*innen hingegen sahen großes Potenzial in der Idee einer Schule ohne Noten, da Noten oft Druck erzeugen und andere Prüfungsformate sowie projektbasiertes Lernen möglicherweise besser geeignet wären, das Wissen und die Fähigkeiten der Schülerinnen abzubilden.

Das Gespräch mit Björn Nölte war ein spannender und aufschlussreicher Austausch, der den Schüler*innen viele neue Perspektiven aufzeigte. Sie konnten wertvolle Einblicke in das Konzept der Schule ohne Noten gewinnen. Nölte ermutigte die Schüler*innen abschließend, sich für Veränderungen stark zu machen, Dinge zu hinterfragen und den Mut nicht zu verlieren.

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